Kölner Stadt Anzeiger v. 15.8.2013
Yachtclub Hersel zeigt Flagge
Geht man an einem hektischen Sommertag vom Leinpfad unter der Trauerweide hindurch auf Steg drei hinunter, fällt sofort auf: Hier ist es ein bisschen kühler, hier ist alles ein bisschen langsamer. Die Trauerweide erinnert an das Tor in einem Märchen, das ins Reich der Feen führt. Nur gelangt man hier in das Reich des Yacht-Clubs Hersel.
Martin Flecken ist der Vorsitzende des Vereins. Befragt, wieso er hier seine Freizeit verbringt, sagt er einen Satz, der wie eine Plattitüde klingt, aber auf dieser Seite der Trauerweide erstaunlich viel Wahrheit enthält: „Das ist wie Urlaub hier.“
Der Yachtclub Hersel liegt idyllisch am Rhein. Die Mitglieder engagiert sich auch im Umweltschutz. Auf dem Fluss ein Schiff zu führen, ist eine ganz eigene Kunst. Deshalb hat der Club seit fünf Jahren eine eigene Schule.
Das Rheinufer am Rheinkilometer 661,2 und die im Fluss gelegene Insel Herseler Werth stehen unter Naturschutz. Deswegen ist die Trauerweide auch so groß, dass vom Leinpfad aus der Steg kaum zu sehen ist. Deswegen steht das Gras am Ufer so hoch. Zwar ist dadurch der Zugang nicht ganz leicht zu finden, aber auf dem Steg des Yacht-Clubs fühlt man sich wie mitten in der Wildnis, statt wie mitten in Hersel. „Ob ich irgendwo hinfahre, gucke und sage »Ach ist das schön hier«, oder ob ich das hier mache, ist doch das gleiche. Ich hab hier doch alles, was ich brauche“, sagt Flecken.
Auch er empfindet die Trauerweide als eine Art „Schranke“, die den Stress draußen hält. Auch wenn es eine drahtlose Internetverbindung auf dem Steg gibt und er auch hin und wieder mit seinem Laptop von hier aus arbeitet nutzt Flecken den Steg und sein Boot vor allem zur Erholung. „Luxus ist das hier aber nur, wenn man auch einen Campingwagen als Luxus ansieht.“ Alle zwei bis drei Jahre kauft Flecken ein neues Boot. Der Kfz-Meister mag es gern, ein Projekt zu haben, an dem er herumbasteln kann. Dafür sei ihm völlig egal, was für ein Auto er fahre.
Es ist zwar ruhig am Steg drei, hin und wieder nimmt die Aufregung aber einen anderen Weg und kommt den Rhein hinunter. Der Fluss fließt durch den Seitenarm zwischen Herseler Werth und Hersel selbst direkt auf den Steg des Yacht-Clubs zu. Und manchmal bringt er auch Treibgut mit sich, dass dann fast immer auf den Steg treibt. Vom Baumstamm bis zum Ausflugsdampfer hat Flecken schon so einige Kollisionen auf dem Steg erlebt. „Immer mal wieder“ sei auch ein Auto dabei, wenn ein unvorsichtiger Angler etwas flussaufwärts am Sportplatz Hersel vergessen hat, die Handbremse anzuziehen. Die Bergung mit Hilfe der Feuerwehr und speziellen Werkzeugen ist aufwendig. „Besonders die Bonner sind da sehr gut ausgerüstet“, lobt Flecken.
Erfahrung hilft
Weniger Probleme gibt es, wenn Boote antreiben. Dann können die Mitglieder mit ihrer Erfahrung meist selbst helfen. „Wir wissen, wie wir ziehen oder wie wir die Leute anbrüllen müssen“, sagt Flecken. Der Rhein sei nämlich keineswegs ein einfaches Fahrwasser. Es gibt viele Verkehr , und mit acht Kilometeren pro Stunde ist der Fluss recht schnell unterwegs. „Für einen Frachter, der mit dem Strom fährt, kommen da schon mal zwei Kilometer Bremsweg zusammen“, sagt Flecken. Auch sei es durchaus nicht so, dass die Verkehrsregeln auf Gewässern ähnlich ausformuliert und eindeutig sind, wie auf der Straße.
Weil es eine ganz eigene Kunst ist, auf dem Rhein ein Schiff zu führen, gibt es beim Yachtclub seit fünf Jahren eine Schule. Eigentlich kam die Idee auf, weil dem Verein die Mitglieder fehlten. „Viele der älteren haben aufgehört, und plötzlich war der Steg leer“, berichtet Flecken, dessen Vater 1971 den Verein mitgegründet hat. Also kam die Idee auf, Kurse anzubieten.
Der Plan ging auf. Durch die Jugendarbeit wächst der Verein wieder. Guido Liebscher ist Leiter der Jugendgruppe. Es geht nicht nur um Führerscheinkurse. „Wir machen auch einfach Sachen, die Spaß machen.“ Im Sommer wird auch Wasserski angeboten, im Winter geht es in den Klettergarten. Flecken ist stolz, dass die Teilnehmer der Kurse in Hersel eine überdurchschnittlich gute Erfolgsquote bei der Abschlussprüfung haben. „Im vergangenen Jahr ist von uns kein Schüler durchgefallen. Nicht einer musste in die Nachprüfung.“
20-mal ausgezeichnet
Die Lage im Naturschutzgebiet bringt Einschränkungen mit sich. Zum Beispiel darf der Steg nicht vergrößert werden. Nachdem das erste Clubhaus ausgedient hatte, war es laut Flecken sehr langwierig, eine Genehmigung für den Holzbau zu bekommen, der nun auf dem Steg steht. Der Club engagiert sich auch für den Umweltschutz. Zum 20. Mal bekommt der Verein auf Steg drei dafür die „Blaue Flagge“ verliehen, eine Anerkennung für besondere Verdienste um den ökologische Betrieb eines Bootsstegs.
„Wir können belegen, dass bei uns kein Müll in den Fluss kommt. Auch die Fäkalien werden gesammelt und mehrmals im Jahr aus einem Sammeltank abgepumpt“, erklärt Flecken. Außerdem spielen Sicherheitsaspekte für die Auszeichnung eine Rolle. So gibt es für alle Benutzer des Stegs eine Sicherheits- und Umweltschulung.
Flecken und die anderen Mitglieder können sicher sein, dass auch in Zukunft hinter der Trauerweide der Urlaub in der Idylle beginnen kann.
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Für Leistungen in der Umweltarbeit
Yachtclub Hersel erhält Auszeichnung zum 20. Mal
Bornheim-Hersel. Ein kleines Jubiläum hat der Yachtclub Hersel 1971 bei seinem Sommerfest auf dem schwimmenden Clubhaus am Herseler Werth gefeiert: Zum 20. Mal erhielt der Club die "Blaue Flagge", die von der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung (DGU) an vorbildliche Sportboothäfen und Badestellen als Auszeichnung für Leistungen in der Umweltarbeit vergeben wird.
Stolze Besitzer: Der Yachtclub Hersel mit der Blauen Flagge. Foto: Wolfgang Henry
Einfach "hängen lassen" gilt also nicht: Nicht die Flagge, denn die wird jedes Jahr aufs neue verliehen - und nicht in Sachen Umweltarbeit, denn auch hier muss jedes Jahr ein immer umfangreicher werdender Kriterienkatalog erfüllt und nachgewiesen werden.
"Wir sind der einzige Verein in ganz Nordrhein-Westfalen, der diese Auszeichnung über so viele Jahre hinweg erhalten hat", ist Martin Flecken, Vorsitzender des Yachtclubs, stolz auf seine Bemühungen. "Unsere Steganlage liegt im Naturschutzgebiet. Da sollte sich umweltgerechtes Verhalten eigentlich von selbst verstehen", ist er überzeugt. "Trotzdem ist viel Engagement und Geld nötig, um die geforderten Kriterien einzuhalten."
Die Glückwünsche vom stellvertretenden Bürgermeister Heinrich Hönig nahm er dankend entgegen. Stolz ist Flecken aber auch auf eine neue Einrichtung des Yachtclubs: Seit diesem Jahr gibt es eine Jugendabteilung, die Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren an den Wassersport heranführen möchte. "Die Mitglieder werden immer älter", erklärt Flecken. "Da wir seit fünf Jahren anerkannte Ausbildungsstelle des deutschen Motoryachtverbands sind lag es nahe, auch ganz junge Menschen nach und nach an den Wassersport heranzuführen." Zuständig für die neue Jugendabteilung ist Guido Liebscher, der mit seinen Schützlingen alle zwei Wochen in Sachen Wassersport unterwegs ist.
"Derzeit hat unsere Jugendabteilung 15 Mitglieder", berichtet er. Neben der "Vor-Vorbereitung" auf den Führerschein steht aber der Spaß an erster Stelle. Ab und zu kann man mit Wasserskiern, "Tube" oder "Banane" den Rhein auf- und ab düsen. Und wer danach nicht mehr zurück zum Hafen finden sollte, muss nur die Augen offen halten: Der Steg des Yachtclubs Hersel ist da, wo die "Blaue Flagge" weht!
Artikel vom 08.07.2013